FREISTIL – KW 44

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Kommentar zur vergangenen Woche – KW44 – 06. November 2022

Worüber ich nicht spreche
Ich spreche nicht über André Heller, aufpoppende Medienverhaberung à la Presse, aufkeimende Klima-Kleberdiskussionen und selbstorganisierte Demos gegen Demokratieabbau, die als rechte Gewaltszene wegdemokratisiert werden. Ich spreche nicht über widersprüchliche Gasankäufe, illusorische Green-Energy-Gewaltakte, dem Wiederaufleben von Kohle- und Atomkraftwerken – die green umgefärbt werden. Ich spreche nicht – wie Thomas Schmid. Das hilft …

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Kultur ist out
Heimische Kulturanbieter arbeiten verzweifelt gegen schwindende Besucherzahlen. Die Menschen gehen nicht mehr ins Theater, nicht mehr zu Konzerten, nicht mehr zu Lesungen. Wobei – Lesungen haben sie nie so recht besucht. Boring. [Langweilig]. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Preisgekrönte Literaten, die lesend keinen geraden Satz rausbringen. Manchmal erdreistet sich ein Medienhaus ein Krimifestival aus dem Boden zu stampfen. Mit 20-seitigen Journalen beworben, über Großleinwände, sogenannte Digiboards, monatelang in Szene gesetzt. Da kann man schon mal vergessen, die Freie Kulturszene im Blatt vorkommen zu lassen. Jene Szene, die – vergleichbar mit aussterbenden Innenstadtgeschäften – die eigentliche Vielfalt einer Gesellschaft ausmacht. Scheiß drauf. Wer braucht die Freie Szene?! Sozialschmarotzer …

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Sein wie sie …
Wenn ich könnte, wäre ich Tom Cruise, Justin Bieber, Elton John und Dwayne „The Rock“ in einer Person. Dann würden mich Energie-, Klima- und Korruptionskrise in den heimischen Gefilden nicht tangieren. So sind wir bedauerlicherweise auf eine gemeinschaftliche Gesellschaft angewiesen, die sich vernunftgemäß verhält. Leider ist die Vernunft abhandengekommen. Zeit sich operieren zu lassen. Ich will sein wie Tom Cruise, Elton John, Justin Bieber und Dwayne „The Rock“ in einer Person …

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Mutzenbacher for president
Dieser Tage ist MUTZENBACHER in Österreich angelaufen. Ein Film über die wohl bekannteste Dirne Österreichs. Das Buch ist bekannt. Es behandelt die sexuellen Erlebnisse der Josefine Mutzenbacher. Pädophilie und inzestuöse Sexualität inklusive. Der Film ist mäßig interessant. Auf einem Sofa platzierte Männer Auszüge der Mutzenbacher vorlesen zu lassen, funktioniert nicht und ist langweilig. Ein männlicher Chor wenig witzig, am ehesten die laienschauspielerischen Darbietungen des Mutzenbacher-Kosmos einladend. Wenige Male hat der aufmerksame Beobachter das Gefühl, dass die Mutzenbacher unter uns ist. Und da dachte ich mir – sie wäre die perfekte österreichische Bundespräsidentin. Leider sind die Wahlen schon vorbei. Meine Stimme hätte sie.

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Das Positive zum Schluss
Ich würde mich zeitweise gerne verkriechen. Dann, wenn ich daran erinnert werde, was wir alles sind. Die Zuverlässigkeit ist endgültig verloren gegangen. Nicht mal Elton John kann man mehr trauen. Wenn dieser quasi „HelloFresh-Musikverschnitt“ Elton John/Dua Lipa und gleich darauf Elton John/Britney Spears in meine Ohren dröhnt, weiß ich – es ist vorbei. Herbert Achternbusch hat im übertragenen Sinn gesagt: „Ich werde so lange bleiben, bis man es EUCH ansieht.“ Gefällt mir gut. Ich lasse nichts mehr in meine Sinne. Diesen abgefuckten Scheißdreck in Musik, Literatur, Politik und Gesellschaft gebe ich zurück – wie Darth Vader lasse ich mein Visier runter. Möge die Macht mit mir sein.

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Lauschangriff der Woche

Warum brauchst zwa Packalan Zucka?

Nojo, wal ea guat schmeckt.

Jo, oba warum zwa Packalan? Is jo picksiass.

[Pause]

Is dos net Vaschwendung?

Ah! Scheiss drauf! [Bestellt einen Punschwürfel.]

 Neulich, Vater und [vermutlich] Sohn bei Kaffee und Kuchen …

 

Über den Autor

Gerald Eschenauer
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Gerald Eschenauer

Gerald Eschenauer

Schriftsteller. Philosoph. Schauspieler. Kulturvermittler, der zwischen den Welten wandelt.

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